Exekutive – wie machen’s die Anderen?

Die Bevölkerung hat im März 2023 die Einführung eines Stadtparlaments abgelehnt. An der Bürgerversammlung im Dezember 2023 wird über eine Reorganisation des Stadtrats diskutiert werden. Doch wie soll die neue Organisation aussehen, wie machen es die Anderen? Ein Blick auf andere Schweizer Städte zeigt: Das einzige was sich bei allen durchzieht ist die Uneinheitlichkeit.

Über die Grösse und Zusammensetzung der Exekutiven (meistens “Stadtrat” genannt) der 162 statistischen Städte in der Schweiz führt das Bundesamt für Statistik Buch. Nicht von der Statistik erfasst wird die Organisationform, also Themen wie Aufgabenzuteilung, Kompetenzen und Beschäftigungsgrade dieser Behörde.

Zwei ganz Grosse

Werfen wir zuerst einen Blick auf die Anzahl Mitglieder der Exekutive der Städte. Der durchschnittliche Schweizer Stadtrat besteht aus 6.5 Mitgliedern (Deutschschweizer Städte: 6.8 Mitglieder). Die häufigste Grösse dieser Behörde sind 7 Mitglieder, wie in der Tabelle unten zu sehen ist.

Anzahl Mitglieder3579> 10
Anzahl Städte in der Schweiz115277202
Anzahl Städte in der Deutschschweiz 13663132
Häufigkeit der unterschiedlichen Grössen der Exekutiven. Lesebeispiel: Es gibt in der Deutschschweiz 36 Städte mit 5 Mitgliedern im Stadtrat.

Augenfällig sind die Stadt Chur mit nur 3 Stadtratsmitgliedern, sowie die Städte Grenchen und Solothurn mit 15 resp. gar 30 Exekutivmitgliedern. Das einzigartige Politsystem der Stadt Solothurn mit 30 Exekutivmitgliedern und keinem Parlament steht dabei sinnbildlich dafür, dass Schweizer Gemeinden sich buchstäblich fast so organisieren können, wie sie wollen.

Kein Zusammenhang zwischen Stadtgrösse und Grösse der Exekutive

Trägt man für alle Deutschschweizer Städte die Anzahl Einwohner und Anzahl Exekutivmitglieder in ein Diagramm ein, erkennt man praktisch keinen Zusammenhang zwischen diesen zwei Grössen. Die Excel-Trendlinie verläuft praktisch horizontal. Zoomt man etwas ins Diagramm rein (zweite Abbildung unten) erkennt man, dass praktisch alle vergleichbar grossen Städte 5 oder 7 Exekutivmitglieder haben.

Grösse der Exekutiven der Deutschschweizer Städte in Abhängigkeit der Stadtgrösse. Die Trendlinie zeigt praktisch keinen Zusammenhang zwischen der Stadtgrösse und der Grösse der Exekutive.
Grösse der Exekutiven der Deutschschweizer Städte mit Einwohnerzahlen zwischen 20’000 und 40’000.

Fünf bis neun Ressorts

Betrachten wir einmal 10 Städte etwas genauer. Es sind die Städte, die von ihrer Grösse her vergleichbar mit Rapperswil-Jona sind (plus/minus 5’000 Einwohner). Ausser Baar und Horgen verfügen alle diese Städte über ein Parlament. Die Exekutive heisst in der Regel “Stadtrat”, in Emmen, Baar und Horgen heisst sie “Gemeinderat”. Die Verwaltungseinheiten, denen die Exekutivmitglieder vorstehen, heissen manchmal “Ressorts”, manchmal “Abteilungen”, auch “Departemente” oder “Direktionen”.

Jede dieser 10 Städte hat gleich viele Ressorts wie Exekutivmitglieder. Das heisst, alle 62 Stadträtinnen und Stadträte dieser Städte stehen einem Ressort vor. Der Beschäftigungsgrad der Stadtratsmitglieder wird nicht von allen Städten angegeben. Einige Städte geben nur die Vergütung an und legen kein Pensum fest. Die Vergütungen sind indes wieder schwer miteinander vergleichbar, da sie beispielsweise bei einigen Städten Sitzungsgelder und Spesen beinhalten und bei anderen nicht.

StadtEinwohnerAnz.Ressorts / Abteilungen / Departemente / DirektionenBeschäftigungsgradWahl
Emmen31’0005Präsidium + Sicherheit, Finanzen + Immobilien, Soziales + Gesellschaft, Schule + Kultur, Bau + UmweltAlle je 80%a)
Zug30’5005Präsidium, Finanzen, Soziales + Umwelt + Sicherheit, Bildung, BauPräsident: 193’000 CHF/Jahr (Nebenjob erlaubt), Mitglieder: 169’000 CHF/Jahr (Nebenjob erlaubt)a)
Dübendorf28’7007Präsidium, Finanzen, Soziales, Sicherheit, Bildung, Tiefbau, HochbauPräsident und Schulpräsident: 64’000 CHF/Jahr, Mitglieder: 53’000 CHF/Jahrb)
Kriens27’8005Präsidium, Finanzen, Soziales, Bildung + Kultur, Bau + UmweltTotal 400 Stellenprozentea)
Dietikon27’3007Präsidium, Finanzen, Soziales, Sicherheit + Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, HochbauLohnsumme für gesamten Stadtrat: 630’000 CHF/Jahra)
Frauenfeld25’8005Präsidium, Gesellschaft + Soziales, Alter + Gesundheit, Werke, Bau + VerkehrPräsident 100%, 4 Mitglieder teilen sich 200%c)
Wetzikon24’8007Präsidium + Kultur, Bevölkerung + Sport, Finanzen + Immobilien, Bildung + Jugend, Tiefbau + Energie, Hochbau + Planung, Soziales + AlterPräsident: 72’000 CHF/Jahr, Mitglieder: 48’000 CHF/Jahr (sowie 40’000 CHF/Jahr flexibel einsetzbar für gesamten Stadtrat)a)
Baar24’5007Präsidium, Finanzen, Soziales, Sicherheit + Werkdienst, Bildung, Liegenschaften + Sport, BauPräsident: 80 %, Mitglieder: 50 %a)
Wil24’2005Präsidium + Finanzen + Kultur, Soziales, Gesellschaft + Sicherheit, Bildung + Sport, Bau + UmweltPräsidentin: 100%, Mitglieder: 70%a)
Horgen22’7009Präsidium, Finanzen, Sicherheit, Gesellschaft, Bildung, Tiefbau, Hochbau, Liegenschaften, WerkePräsident: 99’000 CHF/Jahr, Mitglieder: 52’000 CHF/Jahrb)
Übersicht über die Exekutiven von 10 aufgrund ihrer Grösse vergleichbaren Deutschschweizer Städte. “Anz.” bedeutet “Anzahl Exekutivmitglieder”. Erklärungen für die Wahlverfahren a), b) und c) siehe weiter unten.

Auch die Wahl verläuft unterschiedlich

Gemeinsam haben alle 10 Städte des Vergleichs, dass die Exekutive an der Urne und im Majorzverfahren gewählt wird. Beides ist nicht selbstverständlich, denn es gibt auch Gemeinden, in welchen die Exekutive von der Bürgerversammlung oder vom Parlament gewählt wird, oder in welchen das Proporzverfahren angewendet wird.

Für die Wahl des Stadtpräsidenten/in und die Ämterzuteilung gilt folgendes:

a) Gewählt wird die Stadtpräsidentin “aus der Mitte” der restlichen Stadtratsmitglieder, das heisst die Wahl als Stadtpräsidentin kommt nur zustande, wenn die Kandidatin auch als Mitglied des Stadtrates gewählt worden ist. (Der Wählende darf nur einen Namen als Stadtpräsidentin eintragen, den er auch als Mitglied gewählt hat (Kantone Zürich und Zug). Der Wählende darf auch einen Namen als als Stadtpräsidentin eintragen, den er nicht als Mitglied gewählt hat (Kanton Luzern)). Die Zuteilung der Ressorts (Konstituierung) erfolgt durch den Stadtrat selbst.

b) wie a), mit dem Unterschied, dass die Schulpräsidentin mit der Schulpflege (Schulrat) als deren Präsidentin gewählt wird. Damit ist sie automatisch Mitglied des Stadtrats.

c) Der Stadtpräsident wird separat gewählt. Er muss nicht auf der Wahlliste der Mitglieder des Stadtrats stehen. Die Zuteilung der Ressorts erfolgt durch den Stadtrat selbst.

Das Wahlprozedere ist in einem kantonalen Gesetz geregelt (SG: Gesetz über Wahlen und Abstimmungen, ZH: Gesetz über die politischen Rechte). Genauere Angaben zu der Wahl und der Ämterzuteilung finden sich jeweils in der Gemeindeordnung.

Fazit

Beim Vergleich der Exekutive von Rapperswil-Jona mit anderen Städten wird klar, dass die Grösse mit 7 Mitgliedern der durchschnittlichen Grösse von Exekutiven der Schweizer Städte entspricht. Die kleinpensigen Stadtratsmandate ohne Ressortverantwortung wie in Rapperswil-Jona gibt es aber in vergleichbaren Städten nicht.